Peter Ziboce

Peter Ziboce

Sifu Peter Ziboce unterrichtet Kampfkünste in Hong Kong und ist ein herausragender Kampfkünstler der mehrere innere und äussere Stile gemeistert und interessante eigene Methoden, Variationen und Formen wie zum Beispiel den „Ziboce Dance“ geschaffen hat. Er ist Gründer der Ziboce Kung Fu Box, Co-founder President of Hong Kong Tai Chi Relaxation Club, Tai Chi Instructor of Hong Kong Martial Recreation Art Club, Tai Chi & Wing Chun Instructor of Truth Cultivation Education Centre, HK, Member of Shen Zhen Wu Shu Association (Wudang Tai Chi Study), CHINA und Committee Member of Hong Kong Yi Quan Society Registered Society of HK.

Neben seiner Kampfkunst Praxis ist er auch ein anerkannter Künstler im Bereich Kalligraphie und Musik. Er ist President of Hong Kong Association of Visual Artists und Music instructor der Evergrow Association Ltd.

Das Interview mit Peter Ziboce wurde am 08. Februar 2007 von Karl-Heinz Klug geführt

Karl-Heinz: Können Sie bitte etwas über Ihren Kampfkunst Hintergrund und Ihre Lehrer erzählen?

Ziboce: Ich habe mehr als 30 Jahre Erfahrung im Lernen und Unterrichten in den Kampfkünsten. Ich habe Interesse an einem breiten Spektrum von Kampfkünsten beginnend bei inneren Stilen wie Taijiquan, Xing Yi, Bagua, und Liu He Ba Fa, bis zu äusseren Stilen wie Wing Chun und Shaolin. Ich praktiziere auch Qi Gong aus Stilen wie Yi Quan, Shaolin und Emei.

Lehrer die mich am Meisten inspiriert haben sind:

  • Sifu Ho Ka Hing (Verbindung mit Chan Wei Ming- Yang style Tai Chi, Leung Tsz Pang-Yi Quan / Liu He Ba Fa.
  • Sifu Fong Pak Shing (Schüler von Meister Tung Ying Chieh vom Yang Stil Tai Chi, & Meister Leung Tsz Pang vom Liu He Be Fa.
  • Sifu Cheung Shao Lim (Schüler von Master Sao Guo Zhang of Xing Yi und Meister Wu Kwei Wu vom Chen Stil Tai Chi)
  • Sifu Choi Cheung Hing (Schüler von Master Chau Ming Yang vom Süd Shaolin)

Karl-Heinz: Ihr Liu He Ba Fa Video auf Youtube hat mich sehr beeindruckt. Aus welcher Linie kommt Ihre Liu He Ba Fa Form. (Video 1, Video 2, Video 3, Video 4, Video 5)

Ziboce: Vor ungefähr 20 Jahren begann ich Liu He Ba Fa von einem privaten Video von einem Taoisten mit Namen Tsu Kwun Chau (Schüler von Guru Wu Yik Fai – Meister Ho Yu Tin) zu lernen.

Als ich schließlich Sifu Ho Ka Hing traf, lernte ich die Anwendungen. Ich bekam die Inspiration der „Leichtigkeit“ und des „Rhythmus“ von Sifu Fong Pak Shing.

Mit den Jahren sammelte ich Videos vieler alter Meister und anderer Strömungen des Liu He Ba Fa, inklusive der zweiten und dritten Generation. Bis heute verfolge und studiere ich auf den Spuren von Meister Wu Yik Fai (Wu Yi Hui).

Karl-Heinz: Praktizieren Sie in Ihrer Linie des Liu He Ba Fa nur die lange Form oder gibt es zusätzliche Übungen wie ein spezielles Qi Gong zum Beispiel. Falls es spezielle Übungen gibt, können Sie diese bitte beschreiben? Ich weiß zum Beispiel, dass es Linien gibt wo die Finger speziell trainiert werden, weil es eine Menge Fingerstich Techniken in der Form geben soll. Wieder andere Linien bauen Standübungen ein, andere Teilen die Form in kleinen Teile auf oder machen aus diesen Teilen eigene Formen um das System leichter lehren zu können.

Ziboce: Ich habe nur die lange Form gelernt. Standübungen bekomme ich im Yi Quan. Ich erhielt kein spezielles Körpertraining für das Liu He Ba Fa. Nach meinem Verständnis hat Liu He Ba Fa den „Wassercharakter“ zur Penetration anstatt des Stechens mit den Fingern.

Karl-Heinz: Wenn Sie Ihre Form praktizieren ist mir aufgefallen, dass Sie etwas machen, was mein Liu He Ba fa Lehrer „gebrochene Absicht“ nennen würde, womit ich meine, dass Sie einzelne Bewegungen in viele Teilbewegungen mit kleinen Rhythmuswechseln splitten, wobei der perfekte Fluss der Bewegung beibehalten wird. Wir machen das in unserer Liu He Ba Fa Linie auch um die wahre Absicht zu verstecken. Was ist die Idee in Ihrer Linie dazu?

Ziboce: Ich bin froh, dass sie das bemerkt haben. Wir nennen es „Welle“. Das ist wieder so eine besondere Eigenschaft des Liu He Ba Fa, welche es ermöglicht sofortige Energie zwischen zwei Phasen einer Bewegung oder in einem Rhythmuswechsel abzugeben.

Karl-Heinz: Sie haben den „Ziboce Dance“ ausgehend von Qi Gong, Tai Chi, Yi Quan, Xing Yi Quan, Liu He ba Fa und Bagua geschaffen. Was war der Grund dafür und warum nennen Sie es Tanz?

Ziboce: Wang Xiang Zhai, der Gründer des Yi Quan, erschuf seinen Yi Quan Dance basierend auf Xing Yi. Darauf habe ich mich bezogen und es auf meine Art erweitert. Tanz ist auch eine Kunst und es fällt mit leichter mich und meine Philosophie auszudrücken. Meine Philosophie bezieht sich auf Kreativität, Flexibilität und Persönlichkeit.

Karl-Heinz: Was ist Ihre Meinung zu Sparring in den Neijia Stilen und auf welchem Weg führen Sie Ihre Schüler durch das Training, bis zu dem Punkt, wo sie tüchtige Kämpfer sind? Gibt es spezielle Partnerübungen, die den Schüler an den freien Kampf heranführen? Wird in Ihrem Unterricht mehr Wert auf Selbstverteidigung / Kampfaspekte gelegt, oder geht es mehr um die gesundheitlichen / taoistischen / philosophischen Aspekte der Kampfkünste.

Ziboce: Meine Interessen in den Kampfkünsten wechselten mit meinem Alter, von Kraft zu Gesundheit und Rehabilitation. Ich bekam die Fähigkeiten und das Training um die Körperkraft gegen Angriffe aufzubauen und ich lernte penetrierende Techniken, die zu schwerwiegenden inneren Verletzungen führen können. Im Moment sind meine Schülers hauptsächlich an Gesundheit und Qi interessiert. Sparring ist limitiert auf das Verstehen der Theorien und Anwendungen.

Karl-Heinz: Sie haben viele verschiedene Kampfkünste gelernt. Wenn Sie Anwendungen unterrichten, trennen Sie die unterschiedlichen Stile, oder mixen Sie das Ganze?

Ziboce: Ich unterrichte basierend auf meinen Verständnis und Wissen. Wenn es um Anwendungen geht, erkläre ich die Aspekte der unterschiedlichen Stile, vergleiche sie und fördere die Kreativität der Schüler.

Karl-Heinz: Viele IMA Lehrer im Westen sagen, dass man IMA Stile sehr lange üben muss um sich damit verteidigen zu können. Wie denken Sie darüber?

Ziboce: So wie ich es verstehe, ist das der Unterschied zwischen äusserer Kampfkunst und Neijia. In der äusseren Kampfkünsten kommt die Kraft hauptsächlich von der Körperkraft und Fitness. In den Neijias kommt die Kraft über den Geist und das Verständnis. Das ist nicht einfach zu erlernen. Wie auch immer, Verständnis beruht nicht unbedingt auf einem Zeitfaktor.

Karl-Heinz: Ist Konditions- und Krafttraining Teil Ihres Trainings? Was ich meine sind Übungen wie „Pole Shaking“ oder Arbeit mit schweren Kugeln zum Beispiel. Können Sie bitte einige Übungen beschreiben.

Ziboce: Ich habe einen kurzen Stock mit Namen „Taiji Ruler“ (Video 1, Video 2entwickelt, welcher auf Chen Tuan, dem Gründer (Anmerkung KHK – der Legende nach) des Liu He Ba Fa vor ca. 1000 Jahren zurückzuführen ist. Der Ruler ist ein guter Katalysator für Qi. Es gibt einige Übungen mit dem Ruler inklusive schütteln, rollen usw. In meinem Verständnis sind Bälle / Kugeln und der Taiji Ruler gute Werkzeuge um Qi zu steigern. Die Essenz liegt im Wechsel des Impulses und nicht im exakten toten Gewicht.

Ziboce Gallery

Ziboce Gallery

Karl-Heinz: Ich habe ein Video gesehen, auf dem Sie den Taiji Brush (Video 3) für Kalligraphie nutzen. Man kann sehr gut sehen, dass Sie den Pinsel mit dem Zentrum führen. Woher kommt diese Praxis?

Ziboce: Für mich ist der (lange) Pinsel nur ein anderer Name für einen Speer oder Langstock. Mit dem Taiji Brush experimentiere ich mit unterschiedlichen Spuren des Pinsels in Zeit und Raum. Im Experiment demonstriere ich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vom Mensch in der Sphere, Mensch ausserhalb der Sphere und Mensch über der Sphere. Die Idee ist es, Techniken für die Fähigkeit des „Eindringens“ zu finden.

Karl-Heinz: Was denken Sie über Qi in Relation zur Kampfkunst? Benutzen Sie den Begriff im Unterricht?

Ziboce: Um es einfach zu machen: Qi bezieht sich auf innere Zustände, die gefühlt werden können und auf externe Zustände, die nicht kontrolliert werden können.

A) Internal Qi sind die Zustände, die ich entweder objektiv oder subjektiv wahrnehmen kann. Etwas, was man fühlen und mit dem menschlichen Körper kontrollieren kann.

Beispiele sind:

a. Visuelles – wie Drehungen, Schläfrigkeit, Stille, Bewegung, Helligkeit, Dunkelheit, Blitze. b. Empfindung – wie Hitze, Druck, Körpertemperatur, Stimmungen, gut fühlen usw
c. Innere Organe – wie Herzschläge, Pulse.
d. Atmung – wie Dantien, Beklemmung.
e. Hören – wie Resonanz, Harmonien.
f. Geschmack – wie süß, sauer.
g. Muskeln – wie Zittern, Spannung, Entspannung, Kraft.
h. Nerven System –  wie Schmerzen, Reflektionen, Potentiale, Instinkte, Vorhersagen, Gefahren, Balance.

) Ãusseres Qi, sind Substanzen / Zustände, die nicht direkt kontrolliert oder gespürt werden können.

Zum Beispiel Schmerzpunkte, Dim Mak, Meridiane, Licht, welches vom menschlichen Körper erzeugt wird, Haar-Atmung, 4. Dimension, Zellen, DNA, Hormone, Viren, Blutfluss, übernatürliche Kräfte. Das bezieht sich auf Qi, wenn ich über internes Qi im Zusammenhang zu Verständnis spreche.

Karl-Heinz: Die meisten Liu He Ba Fa Praktiker führen ihre Linie auf Meister Wu Yi Hui (Wu Yik Fan, Wu Yik Fai) zurück. Es sieht allerdings so aus, dass selbst Wu Yi Hui´s Schüler (wie Chen Yik Yan, Liang Zi Pang, Li Dao Li, …) die Formbewegungen sehr unterschiedlich ausführen. Was sind Ihre Gedanken dazu?

Ziboce: Es ist nur natürlich, dass die Kunst sich mit der Zeit weiter entwickelt. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Erfahrungen und Gedanken. Es gibt keine orginale, reale Tradition. Ich selbst arbeite daran meine Auslegung zu verbessern.

Karl-Heinz: Manche Menschen sagen das Liu He Ba Fa nicht mehr als eine „Hybrid“ Kampfkunst aus Taijiquan, Xing Yi und Bagua Stilen ist. Denken Sie das Liu He Ba Fa nur eine Fusion dieser drei Stile ist, oder ist da mehr? Wo denken Sie ist der Unterschied zum Sun Taijiquan, welches eine Kombination aus Taijiquan, Xing Yi und Bagua darstellt?

Ziboce: Ich denke „Hybride“ ist kein guter Name für Liu He Ba Fa. Liu He Ba Fa hat seine ganz eigenen Spezialitäten, aber auch Gemeinsamkeiten mit anderen Stilen. Zum Beispiel ist Liu He Ba Fa sehr eigen in seiner „Wasser Charakteristik“ in Sachen Kraftformen, inklusive Penetration, Resonanz, Unterscheiden, Kondensieren, Turbolenz, Kleben und Schmelzen. Ich würde sagen, dass Meister Sun die Sun Philosopie in den Formen von Taijiquan, Xing Yi und Bagua ausgedrückt hat und nicht nur in einer Kombination der Stile. Man kann entdecken, dass Einiges aus Sun´s Methodoligie in seiner Bagua Schwertform zu Tage tritt, mit dem Vermerk, dass seine Fähigkeiten viel weiter als die Bagua Theorien reichten.

Karl-Heinz: Meister Wu Yi Hui hat „Schlaf Meditation“ nach Chen Tuan gelernt. Es gibt so gut wie kein Material darüber. Haben Sie eine Idee worum es geht?

Ziboce: Ich habe herausgefunden, dass einige Materialien während der Kultur Revolution zerstört wurden. Dazu gehören die „Gehen und Sitzen Illustrationen“ von Chen Tuan. Auf diesen Illustrationen waren die Methoden des Stehens und Schlafens zu sehen. In Bezug auf die noch erhaltenen „Gehen Illustrationen“, verstehe ich es so, dass es Bezüge zu Taoistischen Qi Gong Praktiken gibt. Zum Beispiel 8 Atemzüge für jede Figur. Ich habe Herrn Ian Fok, den Chairman der Yi Quan Society of Hong Kong, zu dem Thema befragt. Mr. Fok sagte mir, dass er Sitzmeditation von Meister Leung Tsz Pang gelernt hat. Die Idee der Yi Quan Stände funktioniert auch im Sitzen, Gehen, Leben und Liegen / Schlafen. Ich fand auch einige alte Schlaf- Illustrationen. Eine, im Namen der Wah Shan Methodologie, und eine, in der Bo Ting (Xing Yi) Methodologie. Ich nehme an, dass der „Schlaf Stil“ eine Art liegende Meditation ist und mit Schlafen selbst nichts zu tun hat. Nach meinen Wissen ist das „Sieben Worte Gedicht“ des Liu He Ba Fa in Relation zu Taoistischem Qi Gong zu sehen. Dieser Text sagt sehr wenig zu den Details der langen Form.

Karl-Heinz: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ziboce: Ich möchte gerne mehr Videos machen und Artikel über meinen Stil schreiben. Nach meinem Verständnis sind Beiträge zur Menschheit zur Steigerung der Gesundheit konstruktiver als Verletzungen und Schaden zu nehmen.

Karl-Heinz: Vielen Dank, dass Sie Zeit für dieses interessante Interview gefunden haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.